Ein unscheinbares Fossil, das mehr als zwei Jahrzehnte unbeachtet in einer Museumssammlung lag, entpuppt sich als wissenschaftliche Sensation. Forschende haben eine bislang unbekannte Art von Ichthyosaurier entdeckt, ein urzeitlicher Meeresräuber mit einer schwertähnlichen Schnauze und riesigen Augen.
Das Skelett wurde bereits im Jahr 2001 an der Südküste Englands entdeckt und anschließend in die Sammlung des Royal Ontario Museum in Kanada aufgenommen. Erst jetzt haben Paläontologinnen und Paläontologen aus mehreren Ländern das außergewöhnlich gut erhaltene Fossil genauer untersucht. Ihr Ergebnis, veröffentlicht im Fachjournal Papers in Palaeontology, überrascht: Die Überreste stammen von einer völlig neuen Spezies, die den Namen Xiphodracon goldencapensi trägt, auf Deutsch etwa „Schwertdrache von Golden Cap“.
Ein Raubtier mit „Waffenmaul“
Der Schwertdrache war rund drei Meter lang und ähnelte in seiner Statur einem heutigen Delfin. Besonders auffällig: seine mehr als ein Meter lange, spitze Schnauze – ein gefährliches Jagdwerkzeug, das ihm wohl auch den Namen einbrachte. Die Forschenden vermuten, dass der Ichthyosaurier damit blitzschnell Fische und kleinere Meerestiere aufspießte.
„Diese Art unterscheidet sich deutlich von allen bisher bekannten Ichthyosauriern“, erklärt Studienleiterin Dr. Emily Stanford von der University of Bristol. „Vor allem der Knochen im Bereich der Nasenöffnung, der mit zinkartigen Strukturen überzogen ist, ist einzigartig und gibt uns neue Hinweise auf die evolutionäre Vielfalt dieser faszinierenden Meerestiere.“
Zwischen den Rippen des Fossils entdeckte das Team zudem eine dunkle, unregelmäßige Masse, vermutlich die Reste seiner letzten Mahlzeit. Solche Funde sind äußerst selten und liefern wertvolle Informationen über die Ernährungsweise der Tiere.
Ein Blick in die Ozeane der Jurazeit
Der Schwertdrache lebte vor etwa 193 bis 184 Millionen Jahren, also in der frühen Jurazeit. Damals bedeckten weite Flachmeere große Teile Europas, und Ichthyosaurier dominierten die Ozeane. Im Vergleich zu seinen riesenhaften Vorfahren, die bis zu 25 Meter lang wurden und die Dimensionen eines heutigen Blauwals erreichten, war Xiphodracon goldencapensi eher kompakt gebaut – ein wendiger Jäger in den damaligen Küstengewässern.
Die Entdeckung zeigt einmal mehr, dass selbst längst bekannte Fossilien noch Geheimnisse bergen können. „Es erinnert uns daran, dass unsere Sammlungen wahre Schatzkammern sind“, sagt Co-Autor Dr. Michael Turner vom Royal Ontario Museum. „Manchmal warten die spektakulärsten Entdeckungen seit Jahren in unseren Depots, wir müssen nur genauer hinsehen.“
Mit Xiphodracon goldencapensi erweitert sich das Bild der marinen Raubtiere des Jura um ein neues, faszinierendes Kapitel. Der Schwertdrache, ein Relikt aus einer Zeit, in der die Ozeane von gepanzerten Riesen und blitzschnellen Jägern beherrscht wurden zeigt, dass die Erforschung der Urmeere längst nicht abgeschlossen ist.
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