Neue Studie zeigt: Die Urzeitriesen waren wohl die ersten Landschaftsarchitekten der Erde.
Dinosaurier waren nicht nur die Herrscher ihrer Zeit, sie prägten vermutlich auch das Gesicht unseres Planeten weit stärker, als bislang angenommen. Eine aktuelle Studie von US-amerikanischen Forschenden legt nahe, dass die tonnenschweren Tiere durch ihre bloße Existenz ganze Flusssysteme formten und damit als gigantische „Ökosystemingenieure“ wirkten.

Giganten mit geologischer Wirkung
Schon lange ist bekannt, dass sich die Gesteinsschichten der Erde vor und nach dem Massenaussterben der Dinosaurier deutlich unterscheiden. Fachleute erklärten diese Veränderungen bislang mit klimatischen Umwälzungen, dem Anstieg des Meeresspiegels oder den Folgen des Meteoriteneinschlags auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán vor rund 66 Millionen Jahren.
Doch der Paläontologe Luke Weaver von der University of Michigan verfolgt mit seinem Forschungsteam eine andere Spur. Gemeinsam mit Tom Tobin (University of Alabama) und Courtney Sprain (University of Florida) kommt er zu dem Schluss: Das schiere Gewicht und die Bewegungen der Dinosaurier könnten entscheidend dazu beigetragen haben, wie sich Flüsse und Wälder in der Kreidezeit entwickelten.
„Viele Dinosaurier wogen mehrere Tonnen – selbst kleinere Arten erreichten rund eine Tonne“, erklärt Weaver. „Allein durch ihr ständiges Umherwandern verhinderten sie vermutlich das dichte Wachstum von Wäldern und hielten weite, offene Flächen frei.“ Dadurch entstanden wohl breite, flache Landschaften, in denen sich Wasser häufig sammelte und ungehindert über die Ufer trat – ideale Bedingungen für dynamische, sich ständig verändernde Flusssysteme.
Wenn Riesen verschwinden – und Wälder wachsen
Mit dem plötzlichen Aussterben der Dinosaurier änderte sich dieses Gleichgewicht dramatisch. Ohne die ständigen Störungen durch schwerfällige Pflanzenfresser und Raubtiere konnten sich Wälder ungestört ausbreiten. Dichte Vegetation führte wiederum dazu, dass Flüsse stabiler wurden: Sedimente lagerten sich stärker ab, Sandbänke bildeten sich, und breite Mäandergürtel entstanden.
Diese Veränderungen lassen sich laut der Studie, die im Fachjournal „Communications Earth & Environment“ veröffentlicht wurde, deutlich in den Gesteinsschichten am Übergang von der Kreidezeit zum Paläogen ablesen – einer Epoche, die früher als Tertiär bezeichnet wurde.
Beweise im Gestein
Untersucht wurde unter anderem das Williston Basin, ein Gebiet, das sich von Ost-Montana bis nach Süd-Dakota erstreckt. Dort stießen die Forschenden auf farbige Sedimentschichten, die lange als Ablagerungen von Teichen nach einem Meeresspiegelanstieg interpretiert wurden.
„Doch die Struktur dieser Schichten gleicht eher dem Inneren eines großen Flussmäanders“, sagt Weaver. Die Forscher analysierten eine markante, rötliche Tonschicht, die genau an der Kreide-Paläogen-Grenze liegt – jener Grenze, an der der Meteoriteneinschlag stattfand. In dieser Schicht fanden sie die charakteristische Iridium-Anomalie, ein chemisches Signal, das weltweit auf das Ereignis hinweist.
Das Ergebnis: Genau an dieser Stelle änderten sich die Gesteinsformationen – von sumpfigen, schlecht entwickelten Böden zu deutlich strukturierten Flussablagerungen. Für die Forschenden ein eindeutiges Indiz, dass die Landschaften erst nach dem Verschwinden der Dinosaurier ihre heutige Gestalt annahmen.
Leben formt Landschaft
Für Weaver und sein Team ist das ein starkes Argument dafür, dass Dinosaurier mehr waren als nur Teil ihrer Umwelt, sie gestalteten sie aktiv mit. „Diese Tiere waren die Landschaftsarchitekten ihrer Zeit“, so der Forscher. „Erst ihr Verschwinden ermöglichte das Aufblühen dichter Wälder und stabiler Flüsse.“
Auch Geowissenschaftlerin Sprain betont die Bedeutung dieser Erkenntnis: „Veränderungen in der Umwelt werden oft allein mit Klimaschwankungen erklärt. Dabei vergessen wir, dass das Leben selbst – Tiere, Pflanzen, ganze Ökosysteme – die Landschaft massiv prägen kann.“
Lehren für die Gegenwart
Die Studie liefert nicht nur neue Einblicke in die Urgeschichte der Erde, sondern auch eine Mahnung für die Zukunft. Das Aussterben der Dinosaurier führte zu einer grundlegenden Umgestaltung der Ökosysteme. Ähnlich tiefgreifende Veränderungen könnten auch heute drohen, ausgelöst durch den menschgemachten Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt.
„Das Aussterben der Dinosaurier zeigt, wie eng Leben und Landschaft miteinander verflochten sind“, sagt Weaver. „Wenn wir Arten verlieren, verändern wir unweigerlich auch die Erde selbst.“
Die Forschenden vermuten, dass ähnliche geologische Muster nicht nur in Nordamerika, sondern weltweit zu finden sind – ein Hinweis darauf, dass Dinosaurier tatsächlich die ersten großen Landschaftsarchitekten unseres Planeten waren.
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