Alter Streit beigelegt: Spinosaurus war ein echter Wasserjäger

Ob ein ausgestorbenes Tier an Land lebte oder im Wasser, ist für die Paläontologie oft erstaunlich schwer zu beantworten. Knochen allein verraten nicht immer, ob ein Lebewesen geschwommen, gelaufen oder beides getan hat. Forschende der Universität Yale haben nun mit modernen Rechenmethoden einen der bekanntesten Streitfälle der Dinosaurierforschung entschieden und kommen zu einem klaren Ergebnis: Der Spinosaurus war kein bloßer Uferjäger, sondern überwiegend im Wasser zu Hause.

Tiere kehrten mehrfach ins Wasser zurück

Das Leben auf der Erde nahm einst im Wasser seinen Anfang und eroberte später das Land. Doch die Evolution verlief nicht geradlinig. Immer wieder kehrten Tiergruppen ins Wasser zurück, nachdem ihre Vorfahren längst an Land gelebt hatten. Wale gelten als das bekannteste Beispiel für diese Entwicklung. Bei heute lebenden Arten ist ihre Lebensweise leicht zu erfassen, bei fossilen Tieren jedoch nur indirekt.

Für ihre in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlichte Studie analysierten die Forschenden Hunderte Fossilien aus dem Yale Peabody Museum und weiteren internationalen Sammlungen. Mehr als 11.000 Messungen flossen in die Auswertung ein. Mithilfe maschinellen Lernens kombinierten die Forschenden anatomische Daten mit statistischen Modellen, darunter auch ein Analyseverfahren, das ursprünglich zur Auswertung von Radarsignalen im Zweiten Weltkrieg entwickelt worden war.

Im Fokus standen Merkmale, die auf eine Anpassung an das Leben im Wasser hinweisen, etwa spezielle Strukturen zwischen den Knochen der Vordergliedmaßen.

Spinosaurus war ein spezialisierter Wasserjäger

Die neue Analyse bringt Klarheit in eine lange geführte Debatte. Der Spinosaurus, der vor etwa 113 bis 94 Millionen Jahren im heutigen Nordafrika lebte, zeigte bereits anatomische Besonderheiten, die auf eine fischreiche Ernährung hindeuteten. Unklar war jedoch, ob er lediglich am Ufer jagte oder aktiv im Wasser lebte.

„Wir konnten mit hoher Sicherheit feststellen, dass der Spinosaurus eine stark aquatische Lebensweise hatte“, erklärt Studienhauptautor Caleb Gordon vom Florida Museum of Natural History. Die ausgewerteten Daten sprechen dafür, dass der Dinosaurier einen Großteil seiner Zeit im Wasser verbrachte und dort gezielt jagte – ähnlich wie heutige Robben oder Pinguine.

Mesosaurier lebten nicht dauerhaft im Wasser

Ein anderes Bild zeigt sich bei den Mesosauriern, einer frühen Reptiliengruppe aus dem Perm, die vor etwa 290 bis 274 Millionen Jahren im heutigen Südafrika und Südamerika vorkam. Lange galt sie als vollständig aquatisch. Die neue Untersuchung legt jedoch nahe, dass Mesosaurier regelmäßig an Land unterwegs waren.

Laut Gordon haben Mesosaurier das Land nicht vollständig verlassen. Ihre Lebensweise ähnelte eher der moderner Alligatoren oder Schnabeltiere, die sowohl im Wasser als auch an Land aktiv sind.

Evolution findet ähnliche Lösungen

Nach Angaben der Forschenden erlaubt das neue Verfahren, die Lebensweise fossiler Arten mit über 90-prozentiger Sicherheit einzuordnen. Gleichzeitig liefern die Ergebnisse ein eindrucksvolles Beispiel für konvergente Evolution. Unabhängig voneinander entwickelten unterschiedliche Tiergruppen ähnliche Anpassungen an das Schwimmen, etwa flossenartige Gliedmaßen oder stromlinienförmige Körper.

„Diese sekundär aquatischen Gruppen passten sich auf sehr ähnliche Weise an ihre Umwelt an“, sagt Gordon. Solche parallelen Entwicklungen zeigen, dass die Evolution oft vergleichbare Lösungen für dieselben Herausforderungen findet. Beim Schwimmen ebenso wie beim Fliegen oder Laufen.

Sladjan Lazic

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