Paläontologie: Vögel haben in der Arktis mit Dinosauriern gelebt

Neueste Fossilfunde belegen, dass Vögel bereits vor 73 Millionen Jahren im hohen Norden Seite an Seite mit Dinosauriern nisteten.

Die arktische Region gilt in der heutigen Zeit als eine der wichtigsten Brutregionen für Millionen von Zugvögeln. Jeden Frühling kehren Vögel aus ihren Winterquartieren zurück. Sie werden angelockt von den endlosen Tagen und dem Überfluss an Nahrung. Doch dieses spektakuläre Naturschauspiel ist keineswegs neu, wie eine aktuelle Studie zeigt, reichen die Wurzeln dieses arktischen Lebensraums für Vögel tief in die Erdgeschichte zurück.

Erstaunliche Vielfalt an Lebewesen in der Kreidezeit

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Lauren Wilson von der Princeton University hat im Norden Alaskas fossile Überreste entdeckt, die belegen, dass bereits vor mindestens 73 Millionen Jahren Vögel in der Arktis nisteten. Ihre Funde aus der Prince Creek Formation wurden nun im Fachjournal Science vorgestellt und rücken die Anwesenheit von Vögeln im hohen Norden um ganze 30 Millionen Jahre weiter in die Vergangenheit als bislang belegt.

Die Prince Creek Formation war während der späten Kreidezeit Heimat einer erstaunlichen Vielfalt an Lebewesen. Darunter waren auch Dinosaurier, wie frühere Funde belegen. Diesmal stießen die Forscher auf rund 50 winzige Knochenfragmente. Diese stammen von prähistorischen Vögeln. Darunter fanden sich sogar Überreste von Küken und ungeschlüpften Embryonen. Es war ein klarer Hinweis darauf, dass diese Vögel nicht nur die Region durchquerten, sondern auch dort brüteten.

Besonders aufschlussreich war die Struktur der Knochen. Ihre poröse, noch nicht vollständig verknöcherte Beschaffenheit wies auf Jungtiere hin. Die Analyse ergab, dass es sich um Vertreter mehrerer Vogelgruppen handelte, darunter die Ichthyornithes, Hesperornithiformes und frühe Vertreter der Neornithes, also jener Gruppe, aus der sich die heutigen Vögel entwickelten.

Extreme Lichtverhältnisse und klimatische Schwankungen

Die Ichthyornithes ähnelten in ihrer Erscheinung modernen Möwen oder Seeschwalben, während die Hesperornithiformes offenbar stark an das Leben im Wasser angepasst waren, vergleichbar mit heutigen Alkenvögeln oder Pinguinen. Beide Gruppen trugen noch Zähne in ihren Schnäbeln. Es war ein anatomisches Merkmal, das moderne Vögel im Laufe der Evolution verloren haben.

Auffällig war jedoch das Fehlen einer anderen, im Kreidezeitalter weit verbreiteten Vogelgruppe: der Enantiornithes. Auch sie besaßen Zähne, doch offenbar fehlten ihnen entscheidende Anpassungen, um in den klimatischen Bedingungen der Arktis zu überleben, möglicherweise ein Grund dafür, warum sie in den nördlichen Breitengraden nicht vertreten waren.

Obwohl das Klima in der späten Kreidezeit deutlich milder war als heute und sogar Wälder den Nordpol säumten, herrschten dort während der Polarnacht dennoch Monate der Dunkelheit und vermutlich auch Schnee. Tiere, die dauerhaft in dieser Region lebten, mussten an extreme Lichtverhältnisse und klimatische Schwankungen angepasst sein. Ob einige der Vögel saisonal in den Süden zogen, ist bisher unklar. Eindeutige Beweise für Zugverhalten in der Kreidezeit stehen noch aus.

Mit ihren Funden liefert das Team um Wilson nicht nur die bislang ältesten Belege für Vogelbrut in polaren Breiten, sondern auch einen faszinierenden Einblick in das Ökosystem der späten Kreidezeit. Sie zeigen, dass die Arktis war schon damals ein wichtiger Lebensraum für Dinosaurier und ihre gefiederten Nachfahren war.

Sladjan Lazic

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